Frauen in Führungspositionen

Frauen sind in Führungspositionen unterrepräsentiert

Die Fakten sprechen für sich. In Deutschland sind Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert. Ein Umstand, der in einer Vielzahl von Studien untersucht wurde und der sich über die Zeit auch nicht maßgeblich geändert hat.

Keine Gesetzesinitiative, keine Selbstverpflichtung der Privatwirtschaft, kein finanzielles Förderprogramm der Politik und auch keine öffentliche Diskussion hat am Ende, in harten Zahlen gemessen, an dieser Tatsache etwas geändert.

Das Phänomen der „gläsernen Decke“ wird seit den 1980er Jahren gerne an dieser Stelle zitiert, um für diesen unbefriedigenden Zustand einen passablen Erklärungsansatz zu liefern.10 Danach gebe es etwas auf dem Weg nach oben, was Frauen daran hindert, in gleicher Weise die Karriereleiter zu erklimmen, wie es die Männer vormachen. Untersucht man diese „gläserne Decke“ genauer, kommen eine Reihe ganz rationaler Gründe zum Vorschein, die dem Thema seinen nebulösen Charakter nehmen und es greifbarer machen. Auch um daraus Handlungsoptionen abzuleiten. Wenn man will!

Frauen- und Männerquoten im Vergleich11

 

Frauen

Männer

Gesamtbevölkerung

51%

49%

Hochschulabsolventen

51%

49%

Erwerbstätige

46%

54%

Führungspositionen allg.

31%

69%

Mittleres Management

15%

85%

Aufsichtsräte

10%

90%

Vorstandsebene

3%

97%

 

Mangelnde Verfügbarkeit ist eine Herausforderung

Eine wenig geliebte Erklärung für die unterdurchschnittliche Zahl an Frauen in Führungspositionen verbirgt sich hinter dem Schlagwort der Verfügbarkeit, das sich in zwei Argumentationsstränge unterscheiden lässt.12

Zum einen das Argument, dass qualifizierte Frauen überhaupt nicht in der notwendigen Menge vorhanden sind, um eine Gleichverteilung zwischen den Geschlechtern sicherstellen zu können. Insbesondere in technisch geprägten Wirtschaftsbereichen wird dies gerne angeführt, um gegen die Frauenquote zu argumentieren. Ansonsten zeigen die harten Zahlen, dass sich dieses Argument in Zeiten einer modernen Bildungsgesellschaft wohl überlebt hat.

Nicht so einfach zu entkräften ist das Thema der Verfügbarkeit, wenn man diese nicht auf den Fähigkeiten, sondern auf den Willen der weiblichen Führungskräfte bezieht, denn auch Karriere machen zu wollen. Hierzu ein Auszug aus einer Studie von Accenture aus dem Jahre 2011:13

Nur jede vierte berufstätige Frau will ihre Karriere 2011 vorantreiben (28%), doch jeder zweite Mann (47%). Laut Befragung fühlen sich 70 Prozent der weiblichen Arbeitnehmerinnen wohl mit ihrem Arbeitsplatz, 80 Prozent sind zufrieden mit ihrer Sprosse auf der Karriereleiter (Männer: 60% und 65%).

Man kann diese Divergenz typisch männlich damit erklären, dass es den Frauen wohl offensichtlich an „Biss“ in dem Thema fehlt und sie sich nicht wundern müssen, dass sie dann zu kurz kommen.

Der Sache wird man aber wohl eher gerecht, wenn die zweidimensionale Sozialisierung der Frauen mit in den Erklärungsansatz einbezogen wird. Denn im Unterschied zu Männern werden Frauen heute immer noch in Richtung der beiden Welten Beruf und Familie sozialisiert und mit Erwartungen konfrontiert, denen Männer in ihrem Weltbild nicht gegenüber stehen.

Die sogenannte Sorgearbeit, also die Versorgung der Familie, insbesondere der Kinder und in zunehmendem Maße auch der Eltern und Schwiegereltern, wird eher den Frauen als den Männern zugeschrieben. Daraus ergibt sich für die Frauen ein Zeit- und Kräftespagat zwischen den Welten. Diejenigen, die nicht bereit sind, sich davon zerreißen zu lassen, entscheiden sich dann entweder für Beruf oder Familie. So lassen sich geringere Verfügbarkeit und Karrierewille und damit die gläserne Decke – durch Männer – auch erklären.

In Richtung Selbstverantwortung zielt hingegen die Begründung, dass Frauen im Unterschied zu Männern nicht ausreichend Selbstvermarktung betreiben, um ihre Karriereziele zu verfolgen. Hier ist dann Coaching für Frauen gefordert, um mögliche Defizite abzubauen.

Die Karrierewelt ist eine Männerwelt

Hinzu kommt noch, dass die Karrierewelt heute eine Männerwelt darstellt und die Erwartungen der Berufswelt und der Männer deckungsgleich sind. Es gilt einer Vielzahl von Ansprüchen gerecht zu werden, dazu zählen:

  • die jederzeitige Verfügbarkeit für den Arbeitgeber,
  • dem Idealbild der Karriere ohne biografische Unterbrechungen durch die Kinderbetreuung und
  • der Vorstellung von der durchsetzungsstarken Führungskraft, die sich in geschlechtsstereotypen Kompetenzprofilen widerspiegelt.

Schließlich stehen Frauen noch dem soziologischen Phänomen gegenüber, dass Männer eben Männer wählen, was nur deshalb ein Problem darstellt, weil die männliche Entscheidungsträger in der Überzahl sind.