Frauenquote: Bad and good News

Die Berufung von Jennifer Morgan an die Konzernspitze des Softwareunternehmens SAP am 11. Oktober 2019 hat das Thema Frauenquote mal wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Die good News: Frau Morgan wurde damit zu ersten Vorstandschefin eines DAX-Konzerns. Erste Frau im Vorstand eines DAX Unternehmens war übrigens im Jahr 2004 Frau Karin Dorrepaal bei Schering. Von Durchbruch und Vorbild war in den letzten Monaten bei Frau Morgan die Rede. Dies war allerdings nur ein kurzes Intermezzo, denn nur sechs Monate später, im April 2020 wurde die Doppelspitze bei SAP wieder aufgelöst und Frau Morgan musste wieder gehen. Die bad News wurden übertitelt mit Debakel und Blamage. Und so wie diese Episode zwei Seiten hat, lässt sich auch die Entwicklung der Frauenquote in Deutschland aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten.

Das Gesetz
Zur Erinnerung: Am 6. März 2015 wurde die Frauenquote vom Bundestag verabschiedet. Das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“ unterscheidet zwei unterschiedlichen Vorgaben, zum einen eine verbindliche Quote und zum anderen eine freiwillige Zielquote. Genau genommen ist es auch keine Frauenquote, sondern eine Geschlechterquote, weil sich die Vorgaben für die Mindestanteile auf Frauen und Männern gleichermaßen beziehen, auch wenn das ganze Interesse nur auf die Frauenanteile fokussiert.

Die verbindliche Frauenquote von 30 % in Aufsichtsräten müssen voll mitbestimmungspflichtige und börsennotierte Unternehmen erfüllen. Wobei dies nur für alle ab 2016 neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten festgeschrieben wurde. Aktuell treffen diese beiden Eigenschaften auf 105 deutsche Firmen zu.

Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, mussten sich ein individuelles Ziel zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und im obersten Management setzen. Ein Mindestziel für die freiwillige Zielquote war dabei nicht vorgegeben, die Zielquote darf allerdings nicht unter den aktuellen Stand sinken. Dabei war auch die Zielgröße Null zulässig. Was tatsächlich einige Unternehmen auch als ihren Anspruch formulieren und damit in heftige Kritik gerieten.

Die Ergebnisse
So intensiv und kontrovers die Debatte über das Gesetz anfangs verlief, so ruhig und unbeachtet wurde die Umsetzung in den letzten 5 Jahren in der Praxis verfolgt. Gleichwohl ist ein Trend erkennbar, der sich aus den Statistiken des Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ablesen lässt. Die good News lauten: Die Zahl der Frauen in deutschen Vorstands- und Aufsichtsratsetagen wächst. Die bad News: Bis die männliche Dominanz bei der Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratsposten deutscher Konzerne gebrochen sein wird, ist es noch ein langer Weg.

Ein Blick auf die DAX 30 Konzerne macht deutlich, wo wir stehen. Auch hier ergibt sich ein zweigeteiltes Bild. Die good News: Bei den Aufsichtsratsposten hat das Gesetz seine gewünschte Wirkung entfaltet. Die 30 % Quote wurde im letzten Jahr sogar übererfüllt. Dort stieg der Frauenanteil von 26,8 % im Jahr 2015 auf 35,4 % im Jahr 2019. Allerdings darf dies nicht davon ablenken, dass in Aufsichtsräten der Frauenanteil ohnehin schon immer höher ausfiel als auf den Vorstandsetagen.

Die bad News: In den 30 DAX Unternehmen waren 2019 insgesamt nur 14,7 % der Vorstandsposten mit Frauen besetzt. Dies ist zwar im Vergleich mit den 9,9 % im Jahr 2015 ein Plus von rd. 50 %, aber gleichzeitig auch noch 100 % von der Erfüllung der 30 % Zielmarke entfernt. Die Gründe mögen vielschichtig sein. Es kann aber spekuliert werden, dass hier den Verantwortlichen die Motivation fehlt. Denn Tatsache ist, dass die Quote für Vorstandsposten im Unterschied zu der Quote für Aufsichtsratsposten nur unternehmensindividuell freiwillig und nicht gesetzlich verbindlich ist.

Die Zahlen aus der DIW Studie unterstreichen diesen Faktor ebenfalls. Denn auch bei den 105 Unternehmen, die seit 2015 einer verbindlichen Quotenregelung unterliegen, ist ein schnellerer Zuwachs der Frauen in Aufsichtsräten zu verzeichnen als bei jenen Konzernen, die sich nur freiwillige Zielmarken gesetzt haben. Es bleibt daher noch viel zu tun. Entweder die Überzeugung weiter fördern oder auch hier die verbindliche Quote einführen. Ich habe eine Idee davon, was schneller zum Erfolg führen wird.

Buchtipp: Der Weg zur höheren Frauenquote

Die Frauenquote: kontrovers diskutiert und bislang ohne Wirkung. Jüngste Studien zum Thema zeigen, dass das umstrittene Gesetz bislang keine spürbaren Effekte nach sich gezogen hat. Gründe dafür gibt es sicher viele.

Ein Mangel an Instrumenten zur Frauenförderung in Unternehmen ist es sicher nicht. Die Bandbreite reicht von Rekrutierungsmaßnahmen über Qualifizierungsmaßnahmen bis hin zur Strukturmaßnahmen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und wer auf der Suche nach dem erfolgversprechenden Weg ist, findet in meinem Buchbeitrag einen strukturierten Überblick zum Thema.

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Beschlossene Sache: die Frauenquote

Jetzt ist es amtlich! Der Deutsche Bundestag hat am 6.3.2015 die gesetzliche Frauenquote verabschiedet. Damit haben die Abgeordneten nach langen Verhandlungen eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten von 108 börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen eingeführt. Gleichzeitig wird es künftig feste Zielvorgaben für rund 3.500 Unternehmen geben.

Die Regelungen im Überblick:

• Für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt künftig eine Geschlechterquote von 30 %. Die Quotenregelung greift damit bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmern sowie bei europäischen Aktiengesellschaften (SE), bei denen sich das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aus derselben Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. Insgesamt betroffen sind derzeit 108 Unternehmen.

• Sie müssen die Quote ab 2016 sukzessive für die dann neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten. Bei Nichterfüllung ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“).

• Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen. Über die Zielgrößen und deren Erreichung müssen sie öffentlich berichten. Der Kreis der betroffenen Unternehmen erfasst neben Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auch GmbHs, eingetragene Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. In der Summe unterliegen etwa 3.500 Unternehmen der Zielgrößenverpflichtung.

• Eine Mindestzielgröße ist nicht vorgesehen. Die Unternehmen können sie selbst setzen und sich an ihren Strukturen ausrichten. Dabei sind folgende Vorgaben zu beachten: Liegt der Frauenanteil in einer Führungsebene unter 30 %, so dürfen die Zielgrößen nicht hinter dem tatsächlichen Status Quo zurückbleiben.

• Die in 2015 erstmals festzulegende Frist zur Erreichung der Zielgrößen darf nicht länger als zwei Jahre sein. Die folgenden Fristen dürfen nicht länger als fünf Jahre sein.