Die Einführung der gesetzlichen Frauenquote lässt noch auf sich warten. Schon Ende März diesen Jahres hatten Familienministerin Manuela Schwesig und Justizminister Heiko Maas (beide SPD) gemeinsam einen Gesetzentwurf vorgestellt, der auf der Absichtserklärung aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vom 16.12.2013 basierte. Dieses Papier findet sich immer noch in der Abstimmungsphase, die genauso lang ist, wie der Name des Referentenentwurfes: „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst.“
Nach diesem Gesetzentwurf ist das ambitionierte Ziel ab 2016 einen Frauenanteil von 30% in den Aufsichtsräten börsennotierter und voll mitbestimmungspflichtiger Unternehmen zu erreichen. Das die Wirkung auf die absolute Zahl der Frauen in Aufsichtsratspositionen begrenzt sein wird, kann man allein daran ermessen, dass gerademal rund 110 Gesellschaften von der Neuregelung betroffen sein werden. Beim genauen Lesen des Textes kann man im Übrigen noch eine ganze Reihe anderen Punkte entdecken, die erahnen lassen, dass selbst nach der Verabschiedung noch ein langer Weg vor den Frauen liegt.
Wer die aktuellen Zahlen aus den obersten Managementetagen deutscher Unternehmen kennt, weiß, dass seitens der Regierung akuter Handlungsbedarf besteht, weil die in der Vergangenheit gerne postulierte Freiwilligkeit bei der Erhöhung der Frauenquote nicht viel gebracht hat. In den Aufsichtsräten der größten 200 deutschen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors liegt der Frauenanteil gerademal bei 15,1 % und auf der Vorstandsebene sogar nur bei bescheidenen 4,4%. [1] Im europäischen Vergleich liegen im Übrigen Länder wie Litauen und Finnland mit Quoten von fast 30% an der Spitze.
Gesondert betrachtet wird die Finanzbranche in der Statistik. Einer Studie des Forschungsinstituts DIW zufolge sind nur 25 von 396 Vorstandsposten in den 100 größten deutschen Banken und Sparkassen von Frauen belegt. Das entspricht umgerechnet zwar nur 6,3 Prozent und liegt damit aber oberhalb der Frauenquote außerhalb des Finanzsektors. [2]
Die Deutsche Bank als der Branchenprimus hat zwar mit einer freiwilligen Frauenquote eine Vorreiterrolle übernommen, auf Vorstandsebene hat dies aber nicht viel geholfen. Frauen in der ersten Reihe hat man lange nicht gefunden. Dies ändert sich jetzt zum 1. August. Die Französin Sylvie Matherat zieht in den erweiterten Vorstand der Bank ein. Sie ist die erste Frau in dem dann 20-köpfigen Gremium, das sogenannte Group Executive Committee (GEC) [3].
Gleichermaßen eher düster ist der Status Quo, bei der Bank der Banken, der Europäischen Zentralbank zu bezeichnen, auch wenn es nicht am guten Willen fehlt. 28% der Führungsebene sollten ursprünglich mit Frauen besetzt werden und 1000 Stellen wurden bei der EZB geschaffen, allerdings blieben angeblich die Bewerbungen geeigneter Kandidatinnen bisher aus. [4]
Die Gründe für die bescheidene Zahlenlage sind vielfältig: so gilt die Bankenwelt gemeinhin als „maskuliner Raubtierkäfig“ [5], der besonders in der Auseinandersetzung mit der Gleichstellungspolitik seine veralteten Grundsätze und starren Hierarchien offenbart. Viele Frauen bleiben tatsächlich auf ihrer Karriereleiter stecken, so Sabrina Tamms, Personalberaterin, und auch die DIW-Forscherin Elke Holst bekräftigt: „Die männliche Dominanz ist im Finanzsektor erdrückend“ [6].
Tatsächlich mangelt es noch immer an wirkungsvollen Fördermaßnahmen in puncto Gleichstellung seitens der Politik und bei den Männern ist ein flächendeckendes Bewußtsein für die Notwendigkeit solcher Maßnahmen wünschenswert. Den Frauen wiederum ist zu empfehlen, mehr an den Strategien ihrer Selbstvermarktung arbeiten.
„Frauen können heute genauso Karriere machen wie Männer, auch im Banking, doch stellen sie ihr Licht noch immer zu oft unter den Scheffel, trauen sich zu wenig zu oder stehen sich in ihrem Perfektionismus selbst im Weg. Das hindert sie daran vorwärts zu kommen, Männer sind da direkter und risikofreudiger“, so Gisela Bohn, Prokuristin der UmweltBank. [7]
Noch etwas bemängelt die DIW-Forscherin Elke Holst, nämlich zu wenige bekannte Vorbilder. „Es gibt zu wenige Frauen, die öffentlich wahrnehmbar in Führungspositionen von Banken sind“, sagt die Forscherin. Und die wenigen, die es geschafft haben, halten sich mit Interviews zurück. [8]
Dabei gibt es, das muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, schon einige von ihnen: neben so prominenten Vertreterinnen wie Christine Lagarde, Direktorin des IWF, denke man beispielsweise auch an Karrierefrauen wie Dr. Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Eva Wunsch-Weber, Chefin der Frankfurter Volksbank oder Susanne Klöß, Generalbevollmächtigte der Deutschen Postbank AG.
Ihre beeindruckenden Lebensläufe, und die vieler anderer, beweisen, das Frauen sehr wohl auf der oberen Etage der Finanzwelt mitspielen können, dennoch gilt mit Rücksicht auf die oben dargelegte Zahlenlage: es bleibt noch viel zu tun, bis von einer tatsächlichen Gleichstellung die Rede sein kann. Insbesondere am eigenen, kompetenten Auftritt sollten Interessentinnen arbeiten, um ihre Aufstiegschancen zu verbessern und die vakanten Stellen besetzen zu können. Hier ist auch der Ansatzpunkt für frauenspezifisches Coaching.
Was muss sich sonst noch ändern? Die DIW-Forscherin Holst bringt es auf den Punkt: „Die Bankenvorstände müssen entschlossen neue Wege gehen. Geht alles so weiter wie bisher, ist der Fortschritt eine Schnecke.“ [9]
[1] DIW, Managerinnen-Barometer 2014, S. 20.
[2] Ebd. ebd.
[3] Vgl. http://www.welt.de/wirtschaft/article129188811/Erste-Frau-in-der-Maennerriege-der-Deutschen-Bank.html.
[4] Deutsche Wirtschaftsnachrichten: EZB kann Frauen-Quote nicht erfüllen, 21.12.2013.
[5] Matthias: Gramman: Banken. Die Frauen und die Quoten, in staufenbiel.de, 10/13.
[6] http://www.sueddeutsche.de/karriere/frauen-in-der-finanzbranche-fuehrungskultur-wie-in-der-armee-1.1629849.
[7] https://www.umweltbank.de/umweltbank/frauen_karriere.html.
[8] http://www.sueddeutsche.de/karriere/frauen-in-der-finanzbranche-fuehrungskultur-wie-in-der-armee-1.1629849-2.
[9] http://www.sueddeutsche.de/karriere/frauen-in-der-finanzbranche-fuehrungskultur-wie-in-der-armee-1.1629849-2.