Stärkenorientierte Führung

Die Grundidee der Stärkenorientierung lässt sich auch auf die Rolle als Führungskraft und auf die gesamte Teamarbeit im Unternehmen übertragen. „Was würde geschehen, wenn wir nicht mehr danach fragen, was Mitarbeiter falsch machen, sondern danach, was sie richtig machen?“ Diese Worte von Donald O. Clifton beschreiben, worum es bei der stärkenorientierten Führung geht.

Dieser Perspektivenwechsel in der Beurteilung von Menschen kann eine neue Führungskultur prägen. Das Ziel ist, nicht zuerst das Negative in allem zu suchen. Auch wenn wir es lieben, Probleme zu finden, damit wir sie lösen können, ist es keineswegs immer hilfreich, zuerst seinen Blick auf die Defizite zu lenken. Diesen Ansatz verwenden wir nicht nur bei den Projekten, an denen wir arbeiten, sondern auch bei der Beurteilung unserer Mitarbeiter. Und genau da machen wir den Kardinalfehler, weil wir die vorhandenen Potentiale verschenken.

Effekte der stärkenorientierten Führung

 Eine stärkenorientierte Teamentwicklung bedeutet, Teammitglieder nicht zu zwingen, an Projekten zu arbeiten, die durchgeführt werden müssen, sondern zu fragen „Wer möchte diese Aufgabe übernehmen?“ Manchmal ist es einfach, dann die passenden Teammitglieder zu finden, manchmal muss man das Team aber neu zusammenstellen. Wer stärkenorientiert führt, wird am Ende eine bessere Führungskraft sein und die besseren Ergebnisse erzielen.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind verschiedene Dinge zu beachten. Ein erfolgreiches Team aufzubauen ist vergleichbar mit einem Puzzle-Spiel. Erst wenn alle Teile zusammenpassen, erhält man ein vollständiges Bild. Und die Vielfalt im Team macht erst seine Qualität aus. Außerdem ist es wichtig, eine Kultur von Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Dabei liegt die Aufgabe der Führungskraft nicht darin, die Menschen und Dinge zu managen, sondern die Teammitglieder zu befähigen und zu stärken. Führung bedeutet, Menschen zu ermutigen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und den Weg zu finden, den sie lieben.

Die Unternehmen, die auf eine stärkenorientierte Führung setzen, erzielen erstaunliche Ergebnisse bei der Steigerung des Mitarbeiterengagements. Eine von Gallup durchgeführte Umfrage ergab, dass sich 40 % der Mitarbeiter nicht engagieren, wenn ihre Schlüsselkompetenzen ignoriert werden. Dieser Anteil kann auf 1% der Mitarbeiter gesenkt werden, wenn stärkenorientiert geführt wird. Es liegt auf der Hand, welche positiven Effekte das gestiegene Engagement der Mitarbeiter auf den Unternehmenserfolg haben können.

Der Ansatz fördert gleichzeitig aber auch die Kreativität, Innovation und Zielstrebigkeit der Mitarbeiter. Die Forschungsergebnisse von Gallup zeigen darüber hinaus, dass Mitarbeiter, die stärkenorientiert geführt werden, sich in mehreren Punkten deutlich differenzieren:

7 % bis 23 % höhere emotionale Mitarbeiterbindung
8 % bis 18 % höhere Leistung
20 % bis 73 % geringere Fluktuation

Trotz der skizzierten positiven Effekte soll nicht verschwiegen werden, dass eine auf Stärke basierende Führung auch potenzielle Risiken mit sich bringt. Erstens kann 
der Fokus auf die schon vorhandenen Stärken die persönlichen Wachstumschancen einschränken. Manchmal offenbaren sich Fähigkeiten erst, nachdem man dazu gedrängt wird, Entwicklungsneuland zu betreten.

Zweitens ist darauf zu achten, dass durch den Stärkenfokus nicht wichtige Wissens- oder Fähigkeitslücken übersehen werden, die den Gesamterfolg gefährden. Drittens besteht auch das Risiko, die Teammitglieder zu typisieren. Infolgedessen könnten Teammitglieder gelangweilt, frustriert oder verärgert darüber sein, dass andere Teammitglieder neue Fachgebiete entwickeln, während sie selbst in ihrer Entwicklung stagnieren. Oder die Teammitglieder könnten zu bequem für Entwicklung sein und daher weniger kreativ und innovativ.

Viertens zeigt die praktische Erfahrung, dass eine Reihe von Unternehmen stärkenorientierte Führung mehr als eine einmalige Übung denn als einen langfristigen Mindshift praktiziert haben. In diesem Fall wird der Umsetzungserfolg durch mangelnde Kontinuität gefährdet.